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:::keine 5. IV-Revision:::

Es braucht keine 5.IV-Revision! Tatsächlich ist die Diskussion in der Schweiz um eine Revision der Invalidenversicherung emotional und in vielen Fällen völlig unsachlich. Ich selber distanziere mich auch nicht von meinen Emotionen, einer solchen Hetzabstimmung gegenüber.

In meinem letzten Post zum Thema „Nein zur IV Revision – nein zum Missbrauch“ hat sich eine spannende Diskussion mit unterschiedlichen Meinungen abgezeichnet. Ein Hauptargument ist der Wunsch danach, die Kosten im Auge zu behalten und den „Schmarozern“ oder dem Missbrauch einen Riegel zu schieben. Ich selber habe den Wunsch nach einer etwas ganzheitlicheren Diskussion eingebracht, denn die Grundthematik ist auch eine gesellschaftliche, wie Sie in meienen beigefügten Grafiken (aus der IV-Statistik 2006 des Bundes) erkennen werden. In den letzten Jahren sind vor allem die IV-Berentungen aufgrund psychiatrischer Erkrankungen explosinsartig angestiegen. Und das ist meine ich kein gutes Zeichen für die Gesellschaft.

Unter Anderem sehen Sie auch, dass es keineswegs eine Revision braucht, wie Sie jetzt vorgeschlagen wird. Sie löst kein einziges der Probleme, sondern verursacht allerhöchstens eine Kostenverlagerung. Die vierte Revision hat ja erfolg gebracht. Die Neuberentungen sind in den letzten Jahren gesunken. Dies können Sie in der IV-Statistik 2006 des Bundes nachlesen. Ein PDF ist dort zum runterladen bereitgestellt.

Es braucht eine grundsätzliche Debatte über diese Themenberiche, und die sollte in gemeinamer Zusammenarbeit angegangen werden und nicht als Wahlpropaganda für bürgerliche Parteien als Schlachtfeld dienen!

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14 Kommentare
  1. Ms.No
    Ms.No sagte:

    Sehr rrrichtig! Das seh ich genau so:-) P.S. Danke für den Link zur Statistik! Die 4. IV Revision hat nämlich schon Wirkung gezeigt, nur wird sie noch zu wenig genutzt! Und was mich weiter noch zu einem NEIN motiviert, ist die fehlnede Verpflichtung für die Arbeitgeber! Integration STATT Rente klingt ja schön und gut, aber wir können doch die Leute nicht arbeiten schicken und ihnen keine Arbeit zur Verfügung stellen?!

  2. rafael
    rafael sagte:

    @Ms.No: Integration statt Rente hört sich echt gut an. Ich denke zu gut. Wenn also die Intitiativbefürworter in Eigenarbeit diese Integration bewerkstelligen oder es Ansatzweise dazu bringen, dass IV-Bezüger Reintegriert werden können, dann kann man eine ernsthafte Diskussion führen. So schaue ich das als Wahlkampagne und Abschiebung des Grundproblems an.

  3. ku8si
    ku8si sagte:

    Ich sehe, die Idee der IV und der 5. IV-Revision ist nicht allen bekannt. Die Statistik abgebildete Statistik beweist lediglich, dass die Neurenten gesunken sind. Das heisst aber nicht, dass die absolute Anzahl Renten sinkt. Die IV hat die Funktion die Versicherten auf dem Arbeitsmarkt wieder konkurrenzfähig zu machen. Zaubern, d.h. Stellen schaffen, die es nicht gibt kann sie nicht. Die 5. IV-Revision sorgt jedoch v.a. dafür, dass die Versicherten nicht aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, d.h. den Arbeitsplatz nicht in Folge Invalidität verlieren. Dies nennt sich Früherfassung (die 30 Tage arbeitsunfähigen Personen können gemeldet werden) und Frühintervention. Auch für die psychisch Kranken wird eine neue Leistung eingeführt, die Integrationsmassnahmen. Hier wird Sozialrehabilitation angeboten, also die Lücke zwischen Psychiatrischer Klinik und beruflicher Massnahmen geschlossen. Aber wenn die Versicherten (wir alle) diese neuen Leistungen nicht wollen, ist dies zwar nicht besonders clever, jedoch sind sie einfach selber schuld.

  4. rafael
    rafael sagte:

    @ku8si: Danke für die Ausführung, in deinem Beispiel, welches ich ja im obigen Post angesprochen habe sind grosse Lücken auszumachen. Ich selber arbeite in der Psychiatrie und war da gewissermassen oft an dieser Schnittstelle zwischen Arbeitswelt und Krankheit oder IV-Rentenantrag. Sozialrehabilitation höhrt sich schön an, hat beinahe einen sympatischen Unterton.
    Meine Erfahrung im Ganzen Problem zeigt, dass X an seinem Arbeitsplatz aufgrund einer psychiatrischen Krankheit oder Sucht nicht mehr klar kommt, dann kommt er in psychiatrische Behandlung. Lange Zeit oftmals ohen Hospitalisation. Falls dies nicht ausreicht wird X krankgeschrieben und kommt in die Klinik. Da bleibt er für Wochen oder Monate. Dabei verliert er seine Arbeitsstruktur.
    Es folgt nach Klinikaustritt ein Arbeitsveruch mit 50% Pensum, X realisiet jedoch meistens schnell, dass er Aufgrund der Symptome dem Druck nicht mehr gewachsen ist. Er kommt wieder in die Klinik.
    Spätestens nach dem dritten Tournus gibt es 100% IV.
    Ich spreche von keinem Einzelfall!
    Das Problem ist nicht der Rahmen der IV und das Problem ist auch nicht X. Das Problem ist das System.

  5. ku8si
    ku8si sagte:

    @rafael: Ja, genau, das sehe ich auch so. Aber diese Sozialrehabilitation war bisher nicht möglich, deshalb kam es zur Situation, die Du schilderst. Die neue Massnahme wird aufgrund von rev. Art. 14 a IVG eingeführt und soll gerade an die med. Behandlung anschliessen, damit die Arbeitsstruktur nicht verloren geht. Erst nach dieser Massnahme soll der erste Schritt in der Arbeitswelt gemacht werden. Das System war das Problem, mit diesem Schritt wurde das System geändert.

  6. rafael
    rafael sagte:

    @ku8si: Nun dann muss ich diesen Artikel mal durchlesen. Für mich bleibt das Ganze weiterhin ein Rätsel. Wie in der oberen Grafik ersichtlich scheint doch ein Hauptproblem der IV dasjenige der massiven Zunahmen an Arbeitsunfähigkeit Aufgrund Psychistrischen Krankheiten zu sein und die Ursache der Arbeitsunfähigkeit wiederum liegt oft am Arbeitsplatz(Behauptung). Also scheint mir das ganze nicht wirklich durchdacht. Es geht ja in Endkonsequenz ums Argument der Kostenexplosion in der IV. Und mit diesen Massnahmen die jetzt geplant werden wird voraussichtlich auf Kosten der Schwächsten gespart.
    Mir geht das ganze so nicht in den Kopf!

  7. ku8si
    ku8si sagte:

    Das Hauptproblem liegt darin, dass eine Wiedereingliederung viel schwieriger ist, als jemanden an der bisherigen Stelle zu halten. Deshalb sieht die Revision vor, dass ein Versicherter bereits nach 30 Tagen Arbeitsunfähigkeit bei der IV gemeldet werden kann (genannt Früherfassung, rev. Art. 3a ff. IVG), welche dann mittels Frühinterventionsmassnahmen (z.B. Anpassung des Arbeitsplatzes, Ausbildungskurse, vgl. Art. rev. 7d IVG) dafür sorgt, dass die versicherte Person den Arbeitsplatz gar nicht verliert. Für alle diese Massnahmen werden immerhin Fr. 400 Mio. aufgewendet. Wo wird gespart? Etwa bei den Zusatzrenten für den Ehegatten. Schon richtig, jedoch: Die Zusatzrente gibt es nicht mehr, sie wurde mit der 4. IV-Revision abgeschafft. Dort sah man jedoch vor, dass die bisherigen Zusatzrenten weiterhin ausgerichtet werden. Neu sollen auch die alten Renten aufgehoben werden. So werden alle gleich behandelt. Zu beachten ist auch, dass die Zusatzrenten nichts aber auch gar nichts mit der Pflege der rentenbeziehenden Person zu tun hatte. Sie bekam jeder Ehegatte, wenn der Rentenbezüger vor Eintritt des Invaliditätsfalles erwerbstätig war. Für bedürftige Leute – also die Schwächsten – ist dies kein Problem, die Ergänzungsleistungen springen hier in die Bresche. Im Übrigen muss man sich schon fragen, soll die 5. IV-Revision die Welt retten, das wäre doch zuviel verlangt. Wir können in einem ersten Schritt doch zufrieden sein, wenn die jetzige Situation verbessert wird.

  8. rafael
    rafael sagte:

    @ku8si: Ja sa stimme ich dir völlig zu, die Situation muss verbessert werden und die Ganze Geschichte muss auch aus dem Tabu-Themenkreis gezogen werden. Woher kennst du dich denn dermassen gut mit den einzelnen Artikeln aus?

  9. ku8si
    ku8si sagte:

    Ich arbeite auf einer IV-Stelle, bin Anwalt und beschäftige mich deshalb von Berufes wegen mit diesem Thema. Weiter bin ich Mitverfasser der Diplomarbeit zum Versicherungsmissbrauch in der Invalidenversicherung.

  10. rafael
    rafael sagte:

    @ku8si: Danke für die Infos. Bin immer interessiert, auch mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen. Falls du deine Diplomarbeitz zum Thema online hast, dende mir doch einen Link dazu!

  11. ku8si
    ku8si sagte:

    Nein, sie ist nicht online, auf Wunsch kann ich sie Dir jedoch mailen. Eine gute Zusammenfassung ist in der Zeitschrift SZS (www.szs.recht.ch) erschienen (Jahr 2007, Band 2 (ab S. 133))

  12. scheff
    scheff sagte:

    Hab eure Postings richtig genossen und wenn’s mit der fünften nicht besser wird für die Betroffenen, gibt es halt später eine 6. Revision.

    Jeder ist Perfekt…nur nicht jeden Tag ! :wink:

    Grüsse euch, scheff :smile:

  13. ku8si
    ku8si sagte:

    Schön, nur dass ich in der Zwischenzeit nicht die notwendigen Mittel zur Vefügung habe, adäquat den Versicherten zu helfen! In diesem Sinne tönt Deine Stellungnahme, lieber Schefff, ziemlich fatalistisch.

  14. garabel
    garabel sagte:

    Ich muss da voll zustimmen! Lieber eine Revision als eine Explosion! :mrgreen:

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