In der Nähe, wo ich wohne wird wie verrückt abgerissen. Ganze Häuserreihen, gebaut in der Sowjetunion während der verschiedenen Planungsären. Ein sehr grosser Teil in Kasachstan stammt aus der Breschnjew-Ära. Ein Argument, welches hier oft genannt wird ist die Tatsache, dass die Häuser nicht immer gut gebaut sind, darum müssen sie dem Erdboden gleichgemacht werden.

Das mag ja sein, doch eine solche Zerstörungswut muss weit wichtigere Hintergründe haben. Und dieser wichtige Grund ist die Immobilienspekulation, beziehungsweise Grundstückspekulation, die das Bild Almatys in den letzten zehn Jahren unglaublich verändert hat.

Ein Grossteil der Häuser in meiner Gegend, die jetzt dem Erdboden gleichgemacht werden oder schon wurden stehen auf sehr teurem Boden. Die Preise halten mit denen in Zürich locker mit. Die Menschen mussten aus den Häusern ausziehen, deren Boden für viel Geld verkauft wurde. Schön wäre es ja noch gewesen, wenn jetzt auf diesen riesigen Landflächen schöne Wolkenkratzer hin gebaut würden. Doch dem ist leider nicht so. Das Land wird vermutlich die nächsten Jahre mit Brennesseln überwachsen, es liegen noch ein paar Ziegelsteine herum, aber passieren wird hinter den Wellblechzäunen nichts. Der Hauptgrund darin liegt in der weltweiten Finanzkriese. Viele Projekte in Kasachstan basierten auf einer einzigen grossen Seifenblase und die ist im letzten Herbst geplatzt.

Jetzt kann ich als Fotograf diese mehr an Kunstwerke erinnernden Gebilde ablichten und abwarten, welcher Spekulant das Grundstück als nächstes kaufen wird.

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Der Frühling ist in Kasachstan von sehr kurzer Dauer. Eigentlich gibt es ihn, wenn dann höchstens zwei Wochen. Anschliessend ist hier direkt der Sommer am Zug. Das sieht man auch am Strassenrand, bei den Pflanzen. Ich habe noch ein paar Akalei aufgenommen, die überall auf den Schutthügeln, oder auch in den Gärten wachsen. Sehr schön finde ich auch immer die kleinen Obst- und Gemüsestände, die es in Almaty beinahe an jeder Strassenecke gibt. Da ist jetzt gerade Kirschen und Aprikosensaison. Wobei die noch aus Usbekistan kommen, wos noch etwas heisser ist als hier.

Aus Zentralasien kommt auch die Cannabispflanze das „Marihuana“. Überall wächst es hier wie Unkraut und dazu noch extrem schnell. Wenns ein bisschen regnet, dann sind die ganze Strassenränder grün von diesen wohlriechenden Pflänzchen.

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Gestern am 9.Mai wurden die Veteranen des 2.Weltkriegs geehrt. Der „Dijn Pobedi“ – übersetzt- der Siegestag ist ein wichtiges Fest in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Schon zwei Wochen vorher hingen in der ganzen Stadt riesige Plakate mit den Namen der Gefallenen kasachischen Soldaten.

Am Morgen gestern standen schon die ersten Veteranen an der Bushaltestelle und die Tür des Busses blieb erstaunlich lange offen, sodass der Mann mit Gehstock sich nicht beeilen musste, sonst reichts mir manchal nicht, die Schwelle des Buses im haltenden Zustand zu überschreiten!

Generell wird den Veteranen in Kasachstan und vermutlich anderen angrenzenden Ländern sehr grosser Respekt entgegengebracht.

Die Feierlichkeit wurde durch eine kleine mehr zeremonielle Parade begonnen, dann wurde auf einer grossen Bühne mit Militärorchester der Augenblick des Siegs über den Faschismus theatralisch nachgespielt. Sogar auf dem 50 Meter hohen Gebäude im Hintergrund rannten Soldaten mit roten Fahnen umher, dem Sinne nach die Rote Fahne, welche auf dem Brandenburger-Tor geheisst wurde.

Es folgten Inszenierungen und Reden. Der zweite Schauplatz war die Fusgängerzone Almatys, der Arbat. Dort feierten die jungen Soldaten, Kindergruppierungen in Uniformen.   Sie marschierten und sangen. Später gab es Tanzgruppen und 5-7 jährige Kinder, die Lieder vor Publikum sangen. Der Tag war sehr angenehm und die Feierlichkeit ist ein lohnenswertes Spektakel, bei schönem Wetter und Temperaturen um 30 °.

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Heute ist Lenin in einer spektakulären Aktion an die Leninastrasse in Almaty zurückgekehrt! Der Name der Strasse jetzt wäre Dostyk, doch ich habe den Namen selber noch nie verwendet, in aller Munde ist noch der Sowjetische Name „Lenina“. Ich spreche hier oft über die „gute“ Alte Zeit. In Anführungszeichen, weil sie nicht immer für alle gut war, aber nicht in Anführungszeichen, um zu sagen, dass damals alles schlecht gewesen sei.

Nun habe ich zufällig erfahren, dass ein Kollege im Besitz eines Lenin-Kopfes ist, und er mir diesen überlässt, für meine künstlerischen Zwecke…

Alles schön und gut; heute gegen Abend war es soweit, Lenin kam im Kofferraum eines Mercedes angefahren und sogleich wurde er auch gefilmt und fotografiert. Zu dritt haben wir ihn in den Hauseingang getragen, wo ich wohne. Doch wie manchmal das Schicksal mitspielt, oder eben nicht – war ausgerechnet heute der Aufzug kaputt! So musste ich spontan einen Gurt im siebten Stock holen, diesen Lenin um den Hals wickeln und so gings Etage um Etage bis in den siebten Stock. In der Mitte kam uns noch ein junger Kasache zur Hilfe.

Derr Gurt riss und so streifte Lenin meine grosse Zehe, was etwas schmerzte. Mit letzter Kraft haben wir ihn durch die Wohnungstür ins Schlafzimmer gebracht, wo er jetzt direkt aufs Gästebett starrt. Um einen Eindruck von der Grösse des Leninkopfs zu bekommen betrachten Sie doch die folgenden Bilder und die Aufnahmen, die während der Lenin-Aktion gemacht wurden.

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Wie auf den oben dargestellten Postkarten hat es in der Sowjetunion am 1.Mai, dem Tag der Arbeit ausgesehen. Und die Arbeit war auch der zentrale Kern des Kommunismus, der Planwirtschaft und eben der Sowjetunion mit ihren Republiken. Zu denen auch Kasachstan gezählt hat.

Knappe zwei Jahrzehnt nach dem Zusammenbruch der cccp sieht es nun in Kasachstan am 1.Mai ganz anders aus. Nicht wie ich im Titel zynischerweise geschrieben haben mit Krawallen und Pflastersteinen, wie auch Autonomen hat Almaty am 1.Mai nichts am Hut!

Tatsächlich ist das Fest hier ein grosses Volksfest, mit viel Tradition. Am Platz vor dem ehemaligen Leninpalast gab es eine riesige Bühne , schön geschmückt mit grossen aufblasbaren Apfelbäumen, Jurten und schönen Ornamenten.

Es gab dutzende Tanzgruppen, von kasachischen, über dunganische, bis zu griechischen, chinesischen, tatarischen… Fast so viele, wie es Nationalitäten in Kasachstan gibt. Deren gibt es etwas über 120.

Hier eine kleine Auswahl an Fotos, die ich heute gemacht habe:

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Vor etwas über einer Woche habe ich die Fotos meiner Ausstellung im Kunsthaus (Kastejev) in Almaty nach Hause zurückgenommen, womit auch meine Ausstellung nach einem Monat zu ende war.

Es war eine intensive aber auch hochinteressante Erfahrung, eine solch grosse Ausstellung zu organisieren. Alleine hätte ich das nicht geschafft. Darum möchte ich als Erstes mich an dieser Stelle noch einmal bei allen, die mitgeholfen habe von Herzen bedanken! Die Reaktionen waren sehr positiv und ich werde in Zukunft wohl weiterhin meine Ideen und Werke einem grösseren Publikum präsentieren. Falls ich auch weiter unterstützt werde!

Oft bin ich im Museum in Gespräche über meine Werke verwickelt worden, es gab viele Fragen, was ich genau mit meinen Fotos sagen möchte, wo ich sie aufnehme, in welcher Stimmung ich mich bei den Aufnahmen befand und so weiter.

Damit auch in Europa die Räumlichkeiten, die Vernissage und Pressereaktionen angesehen werden könne, mach ich das Ganze jetzt mit diesem Artikel zugänglich:

Zuerst einmal die Fotos von David Weisenborn, welcher die Vernissage auf Schritt und Tritt dokumentiert hat (vielen Dank):

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Dann ein paar Fotos von mir, welche die Aussenansicht des Museums zeigen und dann den grossen Raum, in welchem meine Fotos zu sehen waren:

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Zum Schluss drei Presseberichte, zwei von der sehr engagierten Deutschen Allgemeinen Zeitung aus Almaty, der Dritte aus der Südostschweiz, meiner Urheimat in der Schweiz.

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