Die Skizze und im Gedankenbörsen-Blog folgende Skizzen stammen aus den Jahren 2003-2005. Die Arbeiten veröffentliche ich zum ersten Mal.
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Schönheit ist für Kasachinnen das Ein und Alles. Tagtäglich herrscht ein Schönheitswettbewerb ohnegleichen. Als Mann hat man es da auch nicht leicht, wenn man aus Europa anreist und sich zum ersten Mal konfrontiert sieht mit gleichaltrigen Frauen in Higheels, kurzen Röcken und nicht ganz dezentem Makeup. Was für die Europäerin unter Feministische Einschränkungen oder sogar Diskriminierung der Frau geht wird in Kasachstan zelebriert, so gut als eben möglich. Der Absatz für Schönheitscremes, Lippenstift und Nagellack wird pro Frau wohl in keinem anderen Land so hoch sein. Und die Kasachinnnen tragen ihre Weiblichkeit gerne zur Schau. Wenn subjektiv das Makeup als leicht abgenützt wahrgenommen wird, dann muss gehandelt werden. Und wo sich Frau auch befindet – Spiegel raus, Lippenpomade drauf, Wangenpuder aufgepinselt, dann ein kritischer Blick oder ein bestätigender Blick einer Freundin und die Welt ist wieder in Ordnung.
Das grenzt oft an Akrobatik, im Autobus eine Hand an der Haltestange unsicherer Stand wegen der hohen Absätze, dann muss geschminkt werden. Oder auch während der Arbeit. Ein Bankkunde wird erst bedient, wenn das Makeup stimmt. Im Gegensatz zu Europa geht auch eine Kasachin nicht ungeschminkt in den Bergen wandern.
Ein weiteres sehr wichtiges Accessoire ist der Fingernage. Da habe ich nun wirklich schon alles gesehen. Meistens mehrere Zentimerter lange künstliche Fingernägel, ein Wunder, dass da nicht grobe Verletzungen vorkommen. Ganze Bildchen kunstvoll darauf gemalt in den Modefarben Gold und Silber.
Bei der Kleidung muss auf jedem Kleidungsstück der Name eines berühmten Modehauses stehen : Dolce Gabbana, Louis Vuitton, Versace … Natürlich in riesigen Buchstaben, aus billigstem Metall sind diese Initialen auch auf jedem Frauengürtel,Handtasche,Sonnenbrille angebracht.
Bei der Disziplin hört es sich nach einer sportlichen Betätigung an. Tatsächlich wären die Kasachen darin vermutlich auch Olympiasieger. Das Spucken ist etwas, was in Kasachstan zur Tagesordnung gehört. Ich habe Zeit gehabt, mir im letzten Jahr verschiedene Thesen zurechtzulegen, was Ursache und Zweck dieser Handlung sein könnte. Es ist keine religiöse Handlung, dessen bin ich mir sicher. Eine rituelle hingegen ist es fast bestimmt. Das Spucken reicht durch die ganze Alterspyramide, welche etwas kleiner ausfällt als die europäische. Auch ein Grossväterchen spuckt gerne mal auf die Strasse und er möchte damit nicht eine Empörung gegenüber einem Mitgrossvater kundtun, oder sich verächtlich, wortlos gegen einen Vorgesetzten sträuben. Es ist vielmehr etwas Antrainiertes. Völlig automatisch und fast geräuschlos wird auf den Weg vor einem gespuckt. Auffällig ist das Symptom bei Gruppen von jungen Männern. Sie spucken derart regelmässig, während sie auf dem Gehsteig entlang schlendern, dass hinter ihnen eine weiss gepunktete Spur zurückbleibt.
Das Phänomen habe ich noch nie bei einer Frau gesehen. Es kann also, um wieder auf meine Thesen zurückzukommen nichts mit der Mundhygiene zu tun haben, oder genetisch vererbt sein.
Falls mir das Phänomen niemand erklären kann werde ich weiter beobachten und mir neue Erklärungsmodelle suchen.
Autor
Der RW-Blog wird von Rafael Wiedenmeier (1980) geschrieben.